Leistungsentscheidung geplatzt - SG Berlin rügt Krankenkasse wegen unzureichender Begründung nach § 8 PrüfvV

Mit Urteil vom 14.03.2025 hat das Sozialgericht Berlin (Az.: S 89 KR 1766/23) klargestellt, dass Krankenkassen zwar in der Leistungsentscheidung grundsätzlich auf die Begründung eines Gutachtens des MD verweisen können und dies auch als wesentliche Begründung der Leistungsentscheidung genügen kann.

Allerdings setzt dies voraus, dass dem MD-Gutachten überhaupt eine Begründung zu entnehmen ist, warum eine Korrektur erfolgen soll.

In dem von dem SG Berlin entschiedenen Behandlungsfall hat das Krankenhaus an mehreren Tagen die Prozedur 9-619 (Intensivbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei erwachsenen Patienten mit 3 Merkmalen) kodiert. Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst vollständig und leitete eine Abrechnungsprüfung ein. Der MD kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass an mehreren Tagen der OPS 9-619 gestrichen werden müsste und begründete dies damit, dass keine Intensivbehandlung bei Vorliegen von mind. 3 Merkmalen je Tag durchgeführt und belegt sei. Konkretere Angaben zu den angeblich fehlenden Intensivmerkmalen machte der MD nicht. Die Krankenkasse übermittelte an das Krankenhaus dann die folgende Leistungsentscheidung:

Der von uns beauftragte medizinische Dienst (MD) kommt in seiner Stellungnahme vom 31.08.2022 zu dem Ergebnis, dass diverse OPS gestrichen werden müssen. Den Ausgleich der Rechnung (...) hatten wir unter Vorbehalt vorgenommen. Bitte lassen Sie uns die Rechnungskorrektur per Datenträgeraustausch zukommen. Bitte überweisen Sie uns den Differenzbetrag in Höhe von ...

Sodann erfolgte auch eine entsprechende Aufrechnung durch die Krankenkasse.

Das SG Berlin kommt zu dem Ergebnis, dass diese Leistungsentscheidung den Anforderungen des § 8 PrüfvV nicht genügt. Das SG Berlin stellt klar, dass die Mitteilung der wesentlichen Gründe an das Krankenhaus dieses in die Lage versetzen soll, prüfen zu können, ob die Leistungsentscheidung der Krankenkasse akzeptiert wird und den Erstattungsanspruch erfüllt oder in ein streitiges Verfahren eingetreten werden soll. Um diese Prüfung sinnvoll durchführen zu können, müsse das Krankenhaus die streitigen Intensivmerkmale kennen und die wesentlichenGründe, aus denen diese nach der Überzeugung der Krankenkasse nicht erfüllt sein sollen. Nur dann könne das Krankenhaus seine Dokumentation einer kritischen Würdigung unterziehen und eine Erfüllung des Erstattungsanspruchs prüfen. Wenn nicht bekannt sei, welche Intensivmerkmale streitig und warum diese nicht erfüllt sein sollen, würde das Krankenhaus in ein streitiges Verfahren gezwungen, wenn es die Forderung nicht blind anerkennen wolle.

Die Entscheidung des SG Berlin ist insoweit beachtenswert, dass der Verweis von Krankenkassen auf schlecht oder teilweise gar nicht begründete Stellungnahmen des MD nicht ausreicht, die Leistungsentscheidung gem. § 8 PrüfvV ausreichend zu begründen.

Es lohnt sich also, einen genaueren Blick in die jeweiligen Gutachten des MD zu werfen und zu prüfen, ob sich eine Begründung der Leistungsentscheidung aus dem Gutachten ergibt, wenn die Krankenkasse lediglich Bezug auf das Gutachten des MD nimmt. Fehlt es daran, kann die Leistungsentscheidung formell angreifbar sein, unabhängig von der medizinischen Bewertung im Einzelfall.


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