Neue besondere Auskunfts- und Informationspflichten bei Kurzlieger-Fällen

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 29.08.2023, B 1 KR 15/22 R (Schockraum-Urteil II) seine enge Auslegung des § 39 SGB V aufgegeben (Schockraum-Urteil I 18.05.2021, B 1 KR 11/20 R) und damit die Hürden der Vergütung bei stationärer Notfallbehandlung verringert.

Nachdem nun die Entscheidungsgründe vorliegen, müssen wir jedoch feststellen, dass der Senat zwar auf der einen Seite Voraussetzungen verringert, jedoch neue Auskunfts- und Informationspflichten für diese Fälle festgestellt hat und damit die Anforderungen an die Fälligkeit einer entsprechenden Rechnung erhöht hat.

Kurzlieger-Fall

Dies gilt nach den Ausführungen des Senats zunächst für kurzeitige vollstationäre Notfallbehandlungen mit Verlegung des Patienten. Die Feststellungen sind aber uneingeschränkt übertragbar auf alle stationären Fälle mit einer Verweildauer kürzer als 24 Stunden. Bleibt der Patient nicht über Nacht, ergeben sich neue Auskunfts- und Informationspflichten.

Intensiver Mitteleinsatz

Der Senat hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass unter Berücksichtigung der Änderung seiner Rechtsprechung eine entsprechende Krankenhausrechnung erst dann zur Zahlung fällig wird, wenn aus den mit der Abrechnung mitgeteilten Daten der konkrete intensive Mitteleinsatz deutlich wird. Grundsätzlich sei hierfür mehr erforderlich als die bloße Kodierung von Nummern des OPS und Diagnosen des ICD-10-GM. Der für eine konkludente Aufnahme in das Krankenhaus erforderliche intensive Mitteleinsatz sei nämlich aus diesen Informationen nicht ohne Weiteres ablesbar. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die kodierten OPS-Codes untrennbar mit einem solchen intensiven Mitteleinsatz zumindest regelhaft verbunden sind.

Behandlungsplan

Ist es zu keinem intensiven Mitteleinsatz gekommen, muss nach den erteilten Hinweisen des Senats der Behandlungsplan dargestellt und erläutert werden. Entscheidend ist, dass er im Zeitpunkt des Behandlungsentschlusses noch Verwirklichungschancen hatte und warum er schließlich nicht umgesetzt worden ist. Hierunter fallen dann auch die Kurzlieger-Fälle im Sinne der abgebrochenen stationären Behandlung. Erst mit Erfüllung dieser Auskunfts- und Informationspflichten beginnt die Frist für die Einleitung des Prüfverfahrens nach § 275 c SGB V zu laufen und die Rechnung wird zur Zahlung fällig.

MBEG

Für die Praxis bedeutet dies, dass die Behandlungskosten aus einem solchen Kurzlieger-Fall erst dann geltend gemacht werden sollten, wenn der intensive Mitteleinsatz und/oder der Behandlungsplan im Rahmen einer MBEG erläutert worden ist. Ob der Mitteleinsatz medizinisch erforderlich war oder ob der Behandlungsplan medizinisch lege artis erfolgte, ist zunächst irrelevant, denn eine inhaltliche Überprüfung erfolgt erst durch den MD gem. § 275 c SGB V. Dies natürlich nur, wenn die 4-Monats-Frist, beginnend mit dem Zugang der MBEG, eingehalten wird. In bereits laufenden Vergütungsstreitigkeiten kann die Begründung nachgeholt werden. So wird zumindest der Einzug der Behandlungskosten gesichert.


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