Verschärfte Anforderungen an die Behandlungsleitung gemäß OPS 8-980

Das BSG hat am 25.06.2024 zum Aktenzeichen B 1 KR 20/23 R eine Grundsatzentscheidung zu den Anforderungen an die Behandlungsleitung im Sinne der Prozedur 8-980 Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur) getroffen.

Es stellte fest, dass die Behandlungsleitung nur gewahrt sei, bei zumindest einmal pro Tag persönlicher Anwesenheit des die Behandlung leitenden Facharztes mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin" und im Übrigen durchgehender Rufbereitschaft.

Eine wöchentliche Anwesenheit von Montag bis Freitag, wie es das BSG zum OPS- Kode 8-550 Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung noch in seinem Urteil vom 10.03.2015, B 1 KR 4/15 R oder zum OPS-Kode 8-918 Interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie in seinem Urteil vom 18.07.2013, B 3 KR 7/12 R für ausreichend erachtete, genüge für die Ausübung der Behandlungsleitung bei einer intensivmedizinischen Komplexbehandlung nicht.

Dies folge daraus, dass die zuvor genannten Komplexbehandlungen planbar seien und ein Behandlungsbeginn regelmäßig zu den "regulären Arbeitszeiten" an Werktagen erfolgen könne. Insofern sei in diesen Fällen eine Abwesenheit der Behandlungsleitung am Wochenende bzw. an Feiertagen unschädlich, da mit Behandlungsbeginn an Werktagen die "Therapieverantwortlichkeit" unmittelbar wahrgenommen werden kann und Abwesenheitszeiten organisatorisch überbrückt werden können.

Die intensivmedizinische Komplexbehandlung sei demgegenüber nicht regelhaft planbar. Vielmehr können innerhalb kürzester Zeit relevante Veränderungen am Gesundheitszustand des Patienten auftreten, die eine kurzfristige Entscheidung der Behandlungsleitung erfordern.

Auswirkung auf die Praxis:

Im entschiedenen Rechtsstreit handelte es sich um einen Fall aus dem Jahr 2016. Damals lautete das Mindestmerkmal des OPS-Kodes 8-980: Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin".

In den nachfolgenden Versionen des OPS-Kodes hat sich an diesem Wortlaut nichts geändert - inkl. der aktuellen Version 2024. Nach Einführung der Strukturprüfungenmit dem MDK-Reformgesetz wurde das Merkmal lediglich den Strukturmerkmalen zugeordnet. Gemäß der Anlage 5a und Anlage 6a der Richtlinie des MD Bund nach § 283 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V wird daher auch im Selbstauskunftsbogen die Angabe der Behandlungsleitung im Einzelnen gefordert nebst entsprechender Unterlagen.

Damit ist die Entscheidung des BSG für die Zukunft relevant. Für die Erfüllung des Strukturmerkmals wird es darauf ankommen, dass sich aus den Arbeitsverträgen, Kooperationsvereinbarungen und Nachweisen zu den Regelungen zu den Vertretungen (z.B. SOP, Einsatzplan, Dienstplan) ergibt, dass die vom BSG aufgestellten Anforderungen an die Behandlungsleitung organisatorisch gewährleistet sind.

Da die Auslegung des BSG auch rückwirkend gilt, können wir uns darauf einstellen, dass die Kostenträger in bereits laufenden Verfahren die Einhaltung dieses Merkmals ebenfalls kritisch hinterfragen werden. Zu den jeweiligen Erfolgsaussichten nach dieser Rechtsprechung werden wir Sie im Einzelfall dann wie gewohnt prozesstaktisch beraten.


Garlopstraße 2 / Hindenburgstraße
21335 Lüneburg

mail@bender-grewe.de
04131 78969 0

© Bender & Grewe Rechtsanwälte